KLAUS-PETER WOLF

Nachwort zu »Späte Liebe«

Bevor ich Max von der Grün persönlich kennen lernte, hatte ich bereits zwei seiner Bücher verschlungen: »Irrlicht und Feuer« und »Fahrtunterbrechung«. Ich wollte Romanschriftsteller werden und war auf der Suche nach Vorbildern. Max von der Grün war ein Held für mich, ebenso wie Hans Fallada, Heinrich Böll, und, ja, ich gebe es zu, ich mochte auch Johannes Mario Simmel. Aber die Bücher von Max berührten mich anders. Ich kannte die Menschen, von denen er sprach, genau so waren sie, die Leute, zwischen denen ich im Ruhrgebiet aufwuchs. Dann kam es – ich glaube, in Witten – zu einem ersten Treffen. Bezeichnenderweise fand es auf einem Marktplatz statt, zwischen den Ständen. Links neben uns verkaufte einer Bratwürstchen, rechts neben uns Obst. In der Mitte dazwischen ein Tisch, auf dem Literatur angeboten wurde. Wir Autoren sollten dort lesen. Richard Limpert und Josef Büscher, die Bergarbeiterdichter aus Gelsenkirchen, hatten mich mitgebracht. Ich war siebzehn Jahre alt, gerade wieder mal dabei, auf dem Gymnasium sitzen zu bleiben und hatte erste Geschichten und Gedichte in Zeitungen veröffentlicht. Hier sollte ich jetzt lesen. Ich sah die Situation und schämte mich in Grund und Boden. Wer, bitte schön, sollte denn hier zuhören? Die Leute hasteten mit ihren Einkaufstüten vorbei, stritten sich lauthals über die Fußballergebnisse und Tauben pickten auf dem Boden die Krümel auf, die um den Abfalleimer verstreut lagen.
Ich war sofort der Meinung, diese ganze Aktion könnte nicht gelingen, alles sei blödsinnig und müsse abgeblasen werden. Wir würden uns doch nur lächerlich machen. Nein, hier will uns kein Mensch zuhören.
Noch bevor ich ihn sah, roch ich den Tabaksqualm seiner Pfeife. Dann stand Max von der Grün neben mir. ...

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Klaus-Peter Wolf | PDF

(Quelle: »Späte Liebe«, Werkausgabe Pendragon Verlag 2010)



Max von der Grün